Die HU-Professorin
Manuela Bojadzijev, Mitunterzeichnerin des
Dozentenaufrufs gegen die Polizeieinsätze an Berliner Unis, verteidigt die Studierendenproteste und ruft zum Dialog auf. Der bayrische Wissenschaftsminister
Markus Blume hält ihr im Streit-Gespräch mit Mark Schieritz und Anna-Lena Scholz in der
Zeit entgegen: "Meinungsfreiheit ist nicht grenzenlos". Bojadzijev beteuert, selbst "nie antisemitische Ausbrüche" erlebt zu haben und will auf pädagogische Mittel setzen: "Mich interessiert, was Studierende denken, warum sie zu bestimmten Parolen greifen. Meine Aufgabe ist zu verstehen:
Warum sagen sie so etwas? Dann kann ich immer noch widersprechen. Glauben Sie mir, in den Seminaren wird vieles dahergesagt, auch Rassistisches, Sexistisches, die absurdesten Behauptungen. Da hilft es mir doch nicht, die Polizei zu rufen, da muss ich diskursiv intervenieren…" Blume weist daraufhin, dass sich nichtsdestotrotz jüdische Studierende an der Uni nicht mehr sicher fühlen würden und hält ihren Ansatz angesichts von "From the river to the sea"-Rufen und Forderungen nach einem Israel-Boykott für "naiv": "Wir reden ja hier nicht über eine nette Gesprächsrunde im Seminarraum, sondern über
organisierte, extremistische Protestformen bis hin zu Gewaltaufrufen. Da bekomme ich wirklich Gänsehaut."
In der Nacht zum 14. Mai wurde das
Holocaust-Mahnmal in Paris geschändet - ein "weiterer zynischer Dreh in der Eskalationsdynamik", kommentiert Sandra Kegel in der
FAZ. Ausgerechnet am Jahrestag der ersten Massenverhaftungen jüdischer Bürger in Paris, sprayten Unbekannte
rote Hände (ein Symbol, das mit den Schrecken der zweiten Intifada verbunden ist, erinnert Kegel) unter die Namen derjenigen, die während der NS-Zeit
jüdischen Bürgern halfen.
In der
Zeit zeichnen Amrai Cohen und Jan Ross die Geschichte der
Freundschaft zwischen den USA und Israel nach, die in diesen Tagen zum ersten Mal in einer Krise steckt. Doch der Streit über die Militäroffensive in Rafah, vor der Joe Biden den israelischen Premier ausdrücklich gewarnt hat, ist grundlegender, meinen die Autoren: "Die USA setzen ihre Hoffnungen auf eine
große regionale Neuordnung, und damit die Neuordnung eine Chance bekommt, muss aus Washingtoner Sicht erst einmal der Krieg in Gaza aufhören und mittelfristig ein Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern einsetzen. Ein Sieg über die Hamas wird aus dieser Perspektive zu einem nachrangigen Thema. Zum einen glaubt die amerikanische Regierung nicht daran, dass ein solcher Sieg möglich ist: Außenminister Antony Blinken wies kürzlich darauf hin, dass die Terrormiliz offenbar in bereits von den Israelis eroberte Gebiete des Gazastreifens zurückkehre und dass selbst nach einem Großangriff auf Rafah
Tausende von Hamas-Anhängern übrig bleiben würden …" Netanjahu wolle zwar ebenfalls ein israelisch-arabisches Bündnis gegen den Iran, "und eine Aussöhnung mit Saudi-Arabien wünscht er sich als persönliches Vermächtnis. Doch die Hamas deswegen halbwegs überleben lassen und den Palästinensern die Aussicht auf einen Staat eröffnen - das will Netanjahu nicht."
Soll Europa eine Nuklearmacht werden? Wie steht es mit der "Abschreckung"? Der Historiker
Bernd Greiner hält von solchen Überlegungen nichts, wie er in der
FAZ schreibt, entsprächen sie doch einer "Logik aus der politischen Steinzeit". Die übliche Argumentation laute: "Abschreckung hat seit fast achtzig Jahren den Frieden gesichert. Überzeugen kann der Hinweis nicht. Denn der Feind, der vermeintlich nur durch Abschreckung im Zaum gehalten wurde, hatte bei Lichte besehen überhaupt keine Gelüste,
einen Krieg vom Zaun zu brechen. Heute hat man es zugebenermaßen mit weniger kalkulierbaren Akteuren zu tun. Aber Unkalkulierbarkeit mit einer Strategie zu begegnen, die ihrerseits nicht
gänzlich kalkulierbar sein darf, um überhaupt Erfolg zu haben, ist eine merkwürdige Form politischer Logik."
Im
NZZ-Interview mit Marco Kauffmann Bossart
spricht der tibetische Exil-Regierungschef
Penpa Tsering über die Pläne Chinas, Tibets Kultur dem kommunistischen Ideal anzugleichen. "Chinas Führung zielt darauf ab, die Identität der
verschiedenen Nationalitäten zu zerstören; insbesondere in Tibet. Es wurden Internate eingerichtet, in denen alles auf Mandarin unterrichtet wird. Die Tibetisch-Lektionen wurden auf nur vier Stunden pro Woche reduziert. Die Aufnahmeprüfungen an den Universitäten und die Prüfungen für chinesische Arbeitsplätze sind alle auf Chinesisch. So wird der Wert der Landessprachen verringert und damit das
Fundament der nationalen Identität geschwächt." Trotzdem fordert Penpa Tsering und mit ihm der Dalai Lama keine Unabhängigkeit von China ein. "Wir streben keine Unabhängigkeit an. Aber trotzdem bezeichnet die chinesische Regierung den
Dalai Lama immer wieder als Separatisten. Auch mich nennen sie einen Separatisten. Meine Frage an die chinesische Regierung lautet: Wer will sich von China trennen? Seine Heiligkeit wiederholt wie ein Mantra: Mittelweg, Mittelweg, Mittelweg. Und die Chinesen rufen:
Separatist, Separatist, Separatist!"